Soziokratie 3.0 unter der systemischen Brille

Von Reto Kessler
Kaum ein Begriff in der Welt von Management und Beratung übt eine Faszination aus wie der der Selbstorganisation. Soziokratie 3.0 bietet eine Leitfaden mit hilfreichen Praktiken für die Selbstorganisation.
Soziokratie 3.0 Selbstorganisation

Kaum ein Begriff in der Welt von Management und Beratung übt eine Faszination aus wie der der Selbstorganisation. Selbstorganisation ist oft mit der Erwartung verbunden, dass soziale Systeme zu mehr Selbstverantwortung, mehr Engagement der Mitarbeitenden und damit höherem Ertrag kommen, wenn sie nicht durch zentrale und übergeordnete Positionen festgelegt oder gesteuert werden. Darum wird Selbstorganisation oft auch mit «hierarchiefrei» gleichgesetzt.

Das ist aus mehreren Gründen interessant, denn:

  • Hierarchien entstehen meist selbstorganisiert (wer ausser der Organisation selbst sollte Hierarchien etablieren?)
  • Organisationen bei denen alle bei allem mitreden sind meist sehr ineffizient («Kann hier bitte mal jemand etwas entscheiden!!? Wir müssen wieder an die Arbeit…»).
  • Das Selbstorganisation überhaupt gelingt, ist sehr voraussetzungsreich. Denn auch selbstorganisierte Systeme müssen Macht und Autorität gestalten, um zu verbindlichen Entscheidungen und Strukturen zu kommen. Keine Struktur zu haben kann heissen, «der Stärkste setzt sich durch».

Anders gesagt: In Selbstorganisationen sind die Herausforderungen von Organisationen nicht einfach weg, sondern man findet einen Umgang mit der Ungewissheit und Komplexität, ohne dass schon im Vornherein feststeht, wer wie dafür verantwortlich ist. Das ist kein Spaziergang sondern höchst anspruchsvoll.

Die Konzepte anderer Organisationen zu übernehmen ist verführerisch aber meist nicht zielführend. Denn sowohl Teams als auch Organisationen müssen Antworten finden, die zu ihrem spezifischen Kontext passen. Das sind immer eigene Antworten. Hier kann Selbstorganisation ein sinnvoller Ansatz sein, weil sie ergebnisoffen ist. Die passende Struktur entsteht beim Gehen.

Damit Selbstorganisation gelingt braucht es:
👉 einen klaren Rahmen
👉 geeignete Praktiken (z. B. dass jemand Führung übernehmen kann)
👉 Raum diese Praktiken zu üben sowie
👉 Reflexions- und Lernorte, in denen Unsicherheiten, Ambivalenzen und Überforderung thematisiert werden können.

Eine dafür aus unserer Sicht sehr interessante Grundlage ist die Soziokratie 3.0 (aka S3). S3 verbindet die «klassischen Soziokratie» (z. B. Rollenwahl und Konsent) mit Ansätzen aus «Agile und Lean».

Einen Überblick, wie Selbstorganisation mit S3 gerahmt und umgesetzt werden kann, gibt es bei uns im Workshop «Einführung in die Soziokratie 3.0» mit Reto Kessler.

Für Führungskräfte und Berater besonders interessant: Reto lädt auch dazu ein, mit der systemtheoretischen 🕶️ (und damit kritisch) auf die Ideen und Ansätze in S3 zu schauen: Wo passen die Muster in S3 zu systemtheoretischen Überlegungen, wo eher nicht? Und was kann man daraus für die eigenen Praxis ableiten?

Soziokratie 3.0 Entscheidungen